In die Zeitung zu kommen, war früher etwas Tolles. Heute wird es kritischer gesehen. Mit Gesicht, Namen und seiner Meinung öffentlich für etwas einzustehen, wird nicht mehr zwangsläufig gutgeheißen. Ein Spruch ist schnell rausgehauen, aber dafür einzustehen, fällt schwer, da wird oft gekniffen. Die Namensnennung ist deshalb bei Leserbriefen Pflicht. Ist es jedoch ein Social-Media-Kanal, ist das Gegenteil zu beobachten. Noch bis vor einiger Zeit wurde sich hinter Fake-Profilen à la MickeyMouse73 versteckt, heute haben viele Nutzer kein Problem damit, mit ihrem echten Namen zu schreiben oder Bilder im Bikini am Strand hochzuladen. Da bin ich froh, dass sich gründlicher überlegt wird, wie man in der Zeitung erscheinen will. Denn Persönlichkeitsrechte sind ein hohes Gut.
Was mich zunehmend wundert: Selbst in Bus, Bahn oder im Supermarkt werde ich fast täglich ungefragt Zeuge vom Privatleben fremder Personen. Wenn mit dem Handy Gespräche geführt werden, bei denen nicht nur der eine Teilnehmer zu verstehen ist, sondern auch die Antwort via Facetime astrein zu hören ist, fühle ich mich unwohl. Filmdialoge, Spielegedudel oder Musiktitel werden laut abgespielt. Ich sitze im Bus dahinter und kann weder lesen noch innerlich abschalten. Es ist anmaßend und manchmal sogar übergriffig, da ich mich nicht vor der Geräuschbelästigung wehren kann. Was kann ich tun? Den Platz wechseln oder mich abschotten und mit Ohrstöpseln durch die Weltgeschichte laufen. Dabei sind Kopfhörer längst erfunden. Als prestigeträchtiges Designobjekt sind sie ein Aushängeschild. Aber sein Privatleben damit privat zu halten, ist anscheinend uncool geworden.